Das Thema „Vielfalt und Einheit“ bildet den diesj�hrigen Schwerpunkt von Filmfest Hamburg und ist sowohl terminlich als auch inhaltlich an den „Tag der Deutschen Einheit“ gekn�pft. Zu den Zielsetzungen geh�rt es, die deutsche und internationale kulturelle Vielfalt zum Ausdruck zu bringen und zugleich die Einheit der Kulturen zu wahren. Die 13 Filme und eine Filmperformance des Fokus sollen Lust darauf machen, sich im Fremden zu verlieren und im Eigenen wiederzufinden. 

Im Zeitalter der Globalisierung besteht die nicht ganz unbegr�ndete Furcht, dass Gesellschaften homogenisiert werden. Das Gespenst der Gleichmacherei und der Verlust von Identit�t bedrohen auch immer unsere individuelle, pers�nliche Freiheit. Wenn wir aber genauer hinschauen, existieren um uns herum mannigfaltige Parallelwelten, plurale Gemeinschaften, charakteristische Substrukturen und f�derative Systeme. Dies ist nicht nur im menschlichen Miteinander auf sozialer, politischer und kultureller Ebene zu beobachten, sondern auch in der Natur: Die Vielfalt der Kr�fte der Natur wirken miteinander und gegeneinander zugleich, und bilden doch insgesamt nach au�en eine �bergeordnete und in sich geschlossene Einheit.


In einem abgelegenen Wald im n�rdlichen Schweden liegt in unber�hrter Natur das �rtchen Molkom. Dort findet das j�hrliche Festival „One Mind Fest“ statt. Die bitters��e Dokumentation „Three Miles North of Molkom“ beschreibt einen „Spielplatz f�r Erwachsene“, die die Kr�fte der Natur mit ihren eigenen in Einklang bringen m�chten. Sieben von gut tausend internationalen G�sten sind die Protagonisten der schamanischen Experimente. Sie laufen �ber gl�hende Kohlen, lassen sich im kalten Wasser eines Sees treiben und gehen an die k�rperliche Belastungsgrenze in verrauchten Schwitzzelten. Vielschichtige Pers�nlichkeiten und Charaktere baden sich in Esoterik, sehnen sich nach Freiheit in der Natur und w�nschen sich, in Einheit mit sich selbst zu leben - und treffen dabei auf andere, widerstrebende Naturelle.

Wie sich Vielfalt politisch, kulturell bis hin in den privaten, famili�ren Bereich auswirkt, zeigen
multikulturelle Gesellschaften besonders deutlich. Vermeintliche Einheiten werden gebildet
oder zerst�rt. Filme aus Israel sind hierf�r ein gutes Beispiel. Einheiten k�nnen dort gebildet werden, wo Menschen aufeinander zugehen oder Minderheiten sich ein Refugium aufbauen. Die Problematiken der letzten russischen Immigrationswelle nach Israel beschreibt der Film „Yolki Palki“ teils ernsthaft, teils augenzwinkernd: Die gemeinsame Religion und der Wunsch nach einer besseren Welt vereint zwar die Einwanderer, jedoch zerbricht diese oberfl�chliche Einheit, wenn es darum geht, in Israel Fu� zu fassen, die hebr�ische Sprache und Schrift zu lernen oder einen Job zu finden.

Ambivalente Ph�nomene der Abschottung und somit Ausgrenzung zeigen sich in der Begrifflichkeit der „Festung Europa“. Was Menschen auf sich nehmen, um im geeinten
Europa ein vermeintlich besseres Leben f�hren zu k�nnen, gleicht einer antiken Odyssee. Gefahren,Unw�gbarkeiten und Illusionen m�ssen �berwunden werden. Und die eigene Angst, gleich mit. Im Film „Wall to Wall“ reist der Protagonist von der verschwundenen Mauer in Berlin zu den Stacheldrahtz�unen der spanischen Enklave Ceuta in Nordafrika.


„It’s Hard to be Nice“ erz�hlt die Geschichte eines bosnischen Taxifahrers in Sarajewo, wo bis heute die Spuren und die Mentalit�t des Krieges sichtbar sind. In einer Welt voller vielf�ltiger Charaktere, undurchschaubarer Verh�ltnisse und Beziehungen sowie mafi�ser Strukturen ist f�r viele Menschen die Familie jener stabile R�ckzugsort, der notwendige solidarische Einheit suggeriert. Was passieren kann, wenn diese instabil wird, thematisiert der Film in aller Deutlichkeit.

Kulturelle Vereinnahmung zeigt sich im Verschwinden vieler Sprachen und tritt durch politische, soziale und ethnische Dominanzen und durch die Auswirkungen des Kolonialismus bis heute zu Tage. „The Linguist“ macht sich auf die Suche nach all jenen Sprachen, die vom Aussterben bedroht sind, ob in Sibirien, den USA oder in S�damerika.

Der Fokus vom 16. Filmfest Hamburg m�chte diese und weitere Facetten von Identit�t und Fremdheit in ihrer vielf�ltigen Einheit und einheitlichen Vielfalt aufzeigen. (Claus Friede)

Vielfalt und Einheit: Die Filme
Adhen
Cut Loose
Frozen River
It’s Hard to be Nice
The Linguist
Machan
Nowhere Promised Land
Pinhas
Rabbi Firer
Filmperformance ScareCity
Three Miles North of Molkom
Vasermil
Wall to Wall
Yolki Palki