24. Sept. - 1. Okt. 2009

 

Hinter den Kulissen der Website - Interview mit Dirk Platzek, Interaction Designer

Hamburg, den 24.09.2008

Filmfest Hamburg: Du hast in den letzten Monaten intensiv an der neuen Website f�r Filmfest Hamburg gearbeitet. Was ist f�r dich das Besondere einer Website speziell f�r ein Filmfestival?

Dirk Platzek: Worauf ich mich besonders konzentriert habe, ist der Programmkalender, weil in meinen Recherchen mit Filmfestivals das immer als zentrales Element auffiel. Meine Vermutung war, dass die Besucher w�hrend des Filmfestes vor allem den Kalender brauchen, denn sie m�chten wissen, was und wann sie an einem bestimmten Tag sehen k�nnen. Daher war es mir besonders wichtig, die Kalenderfunktion zentral auf der Website zu platzieren auf eine Art und Weise, dass sie von einer Spannbreite von Nutzern leicht zu verstehen und zu durchsuchen ist. Gleichzeitig wollte ich daf�r sorgen, dass die Webseite moderner wird. Leute, die gerne alles digital und auf ihren mobilen Endger�ten haben, k�nnen nun eine pers�nliche Filmauswahl zusammenstellen und im iCal-Format (Anmerkung: Datenformat, dass von modernen Kalenderprogrammen gelesen werden kann) herunterladen und auf diese Weise in ihr Kalenderprogramm integrieren.

Filmfest Hamburg: War dir noch etwas besonders wichtig?

Dirk Platzek: Ja. Im Gegensatz zur bisherigen Filmfestseite wollte ich die Themen „Filmfest“ und „Film“ mehr visualisieren. So kann man  z.B. den Trailer auf der Homepage anschauen. Ausserdem wollte ich, dass das Lebendige des Filmfestes deutlich wird: Ebenfalls auf der Homepage kann man die Fotos, die am Vortag gemacht wurden, gleich sehen. Bei mir stellte sich dann die Frage „Wie zeigt man diese Bilder?“. Ich habe daf�r eine einfache Flash-Slideshow gebaut. Das �berblenden der Bilder erinnert an filmische Blenden. Wenn ich Flash als Gestaltungselement benutze, ist es mir wichtig, wie etwas animiert wird und dass es im Kontext Sinn macht.

Filmfest Hamburg: Also nicht Flash als „Selbstzweck“ , sondern weil es hier eine Anlehnung an Film ist?

Dirk Platzek: Eine Animation leitet das Auge, hat Rhythmus und sollte somit eine Funktion �bernehmen. Ich arbeite sehr daran, wie etwas in Erscheinung tritt. �berg�nge sollten das Verst�ndnis der Information unterst�tzen. Und da lasse ich die Animation helfen - das hat �berhaupt nichts mit Dekoration zu tun. Mein Ziel ist immer, es dem Nutzer angenehm und verst�ndlich zu machen.

Das war ja jetzt eine HTML-Seite und f�r mich wieder einmal ganz interessant, da ich das seit l�ngerem nicht gemacht habe. Anders als bei einer Flashseite gibt es andere Dinge, mit denen man es zu tun hat, wie z.B. das st�ndige Neuladen von Seiten, das eine Unterbrechung im Fluss der Informationsaufnahme sind.

Filmfest Hamburg: Was meinst du damit?

Dirk Platzek: Wenn ich auf einer reinen Flashseite bin, dann habe ich zwar den beschr�nkten Rahmen, indem sich etwas bewegt oder ver�ndert, aber ich kann sozusagen nahtlos von dem einen in den anderen Zustand �bergehen. Bei regul�ren HTML-Seiten gibt es immer das Link, was mich woanders hinh�pfen l�sst und dann gibt es einen wei�en Blitzer und die Seite l�dt sich neu. Die meisten Nutzer sind das gewohnt, aber es hat schon etwas f�r sich, wenn man beim Flash sozusagen „im Film“ bleibt. Andererseits hat man bei der HTML-Seite auch die „endlose Seite“  und es ist angenehm, dass man so viel Platz hat.

Filmfest Hamburg: Bei einer reinen Flashseite bist du platzm��ig viel beschr�nkter. Wie wirkt sich das auf den Gestaltungsprozess aus?

Dirk Platzek: Die Denkweise ist eine ganz andere: Man arbeitet in Ebenen, schichtet �bereinander oder blendet ineinander �ber. Die Erfahrung ist weniger linear. Dieses Prinzip mit Vorw�rts- und R�ckw�rts-Buttons funktioniert im Flash nicht und das ist manchmal sicherlich schwieriger zu verstehen, weil eben der Standard HTML mit den �blichen Browser-Funktionalit�ten ist.

Filmfest Hamburg: Du nennst dich nicht „Webdesigner“, sondern „Interaction Designer“. Was bedeutet das?

Dirk Platzek: Meine Arbeit ist nicht aufs Web beschr�nkt. Ich mache auch Software-Design oder Anwendungen, die nicht im Web laufen, sondern zum Beispiel auf Messen. Es geht zwar um Design, aber nicht nur um visuelles Design, sondern vor allem um Funktionalit�t und um die „User-Experience“. F�r mich hei�t es, dass jemand beispielsweise auf eine ihm fremde Webseite kommt und mit wenigen Blicken erfassen kann, wie er die Seite benutzen kann. Sie sollte in einer Art und Weise gebaut sein, die dem Nutzer vertraut ist, ohne dass sie langweilt - also diese Mischung aus etwas Vertrautem mit etwas kreativ Neuem.

Es gibt tausend M�glichkeiten einen Kalender darzustellen und ich habe sicherlich eine ganz einfache M�glichkeit gew�hlt, das aber sehr bewusst. Ich denke in erster Linie �ber die Struktur und das Verhalten interaktiver Produkte nach und erst danach wie das visuelle Design diese Ergebnisse unterst�tzt. Dahinter steht f�r mich aber immer: Wie kommt der Nutzer von A nach B? Wie erreicht er sein Ziel mit m�glichst wenigen Stolpersteinen? Es ist stets ein Dialog zwischen Mensch und Maschine...

Filmfest Hamburg: Der Fokus ist einfach ein anderer?

Dirk Platzek: Der Fokus liegt beim Nutzer. Der muss damit klar kommen.  Sonst habe ich mein Ziel verfehlt.

Filmfest Hamburg: Normalerweise arbeitest du sehr viel allein. War das hier auch der Fall?

Dirk Platzek: Ihr hattet bereits jemanden, mit dem ihr zusammengearbeitet habt. Hierbei handelt es sich um Andrea Dittler von webspezi.com. Sie besass bereits ein komplettes Verst�ndnis der Filmfestinfrastruktur, euren Datenbanken und Systemen. Ich bin sehr froh, dass Andrea und ich uns �ber diese Arbeit kennengelernt haben. Wir haben sehr gut harmoniert und werden diese Zusammenarbeit in Zukunft ausbauen. Ich durfte mich wirklich darauf beschr�nken, wie die Website funktioniert und mir Gedanken dar�ber machen, wie sie aussieht und ob sie verstanden wird. Andrea konnte sich dann darauf konzentrieren, wie sie ein System dahinter legt, was dann wieder f�r das Filmfestteam am einfachsten zu administrieren ist. Gleichzeitig ist die Seite nat�rlich so gebaut, dass sie problemlos in allen m�glichen Browsern und Systemen dargestellt werden kann.

Filmfest Hamburg: Eine letzte Frage habe ich, die etwas pers�nlicher ist. Nun hast du dich mit der Website und mit den Filmen besch�ftigt und du hast dich in die Nutzer hineingedacht. Was f�r Filme interessieren dich pers�nlich?

Dirk Platzek: Ich finde es toll mich in der Geschichte eines Films zu verlieren. Ich muss ber�hrt sein, muss die Figuren f�hlen k�nnen. Ich bin mit einem Schauspieler zusammen, dadurch habe ich auch noch ein gesteigertes Interesse am Schauspiel und an guten Schauspielern. Zurzeit habe ich gerade so einen Tick mit d�nischen Filmen. Dort interessiert mich die Mischung aus Humor, Ernsthaftigkeit und schauspielerischen Qualit�ten. Die Einfachheit der Mittel einer Susanne Bier finde ich faszinierend. 

Filmfest Hamburg: Und willst du einen Film unbedingt sehen?

Dirk Platzek: Ich muss gestehen, dass ich das Programm bisher erst �berflogen habe. Bei welchen Filmen ich mir innerlich aber bereits ein H�kchen gemacht habe, sind „Adoration“, „4 Nights with Anna“ und „Three Monkeys“. Aber es gibt auch ein paar interessante Fernsehsachen, die mich interessieren, so der neue „Hamburg-Tatort“. Ich freue mich, dass es bald losgeht!


Das Gespr�ch f�hrte Kati Baumgarten, Presse und Kommunikation Filmfest Hamburg

Dirk Platzek ist Inhaber der Firma Wunschfeld (www.wunschfeld.net, [email protected]).